Kindeswohlgefährdung
Zahnärztinnen und Zahnärzte sind sowohl bei einer tatsächlichen Gefährdung als auch bereits bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung dazu verpflichtet, das zuständige Jugendamt zu informieren.
Eine Kindeswohlgefährdung ist „eine gegenwärtige, und zwar in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“ (BGH FamRZ 1956, S. 350 = NJW 1956, S. 1434).
Da damit regelmäßig der Bruch der zahnärztlichen Schweigepflicht einhergeht, ist in jedem Einzelfall eine gründliche und umfassende Prüfung erforderlich, ob die Schwelle zur Mitteilungspflicht bereits überschritten ist.
Zum Wohle der Kinder und zur Ermutigung der Zahnärzte wird dabei auch der Fall einer sich im Nachhinein als irrtümlich herausstellenden Anzeige einer Kindeswohlgefährdung vom Strafbarkeitsrisiko ausgeklammert, sofern diese aufgrund gewichtiger Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohles erfolgte.
Handelt es sich um offenkundige Verletzungen des Zahn-, Mund- und Kieferbereichs, die auf Gewalteinwirkung zurückzuführen und nicht nachvollziehbar sind (z.B. Verletzung eines Zahnes durch das Spielen im Kindergarten), ist die Kindeswohlgefährdung unproblematisch anzunehmen. Schwieriger stellen sich Vernachlässigungen wie z.B. eine stark vernachlässigte Mundhygiene dar. Hier kommt es nicht nur auf den gesundheitlichen Zustand an, sondern auch weitere Umstände wie z.B. die fehlende Einsichtsfähigkeit und Mitwirkungsbereitschaft der Erziehungsberechtigten muss bei der Bewertung der Kindeswohlgefährdung miteinbezogen werden.
Im Falle des Anfangsverdachts einer Kindeswohlgefährdung sind Zahnärztinnen und Zahnärzte befugt pseudonymisierte Daten an erfahrene Fachkräfte in der Jugendhilfe des zuständigen Jugendamtes zu übermitteln, um die nötige Beratung und Einschätzung zu erhalten.
Sofern sie bereits den verstärkten Verdacht einer Kindeswohlgefährdung hegen und der Ansicht sind, dass das Tätigwerden des Jugendamts zur Abwendung einer dringenden Gefahr erforderlich ist, sind sie dazu verpflichtet das Jugendamt zu informieren und die erforderlichen Informationen an das Amt herauszugeben. Wann der Fall einer dringenden Gefahr für das Wohl des Minderjährigen anzunehmen ist, steht dabei in der Einschätzung der behandelnden Person.
Das für Sie zuständige Jugendamt kann über das Verwaltungsportal Hessen ermittelt werden (Suche).