Anrechnung der Berufsschulzeiten auf die Ausbildungszeit

Seit dem 1. Januar 2020 ist die novellierte Fassung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) in Kraft. Mit der Neufassung entfällt u. a. die bisher geltende Unterscheidung zwischen minderjährigen und volljährigen Auszubildenden bei der Freistellung für den Berufsschulunterricht.

Zum neuen Berufsschuljahr weisen wir noch einmal auf die folgenden Regelungen hin:

  • Auszubildende dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden.
  • Auszubildenden sind für die Schulzeit einschließlich der Wegezeit zwischen Schule und Praxisort freizustellen.
  • Bei Berufsschultagen mit weniger als 5 Unterrichtsstunden je 45 Minuten (sogenannter „kurzer“ Berufsschultag) erfolgt eine Anrechnung auf die regelmäßige, wöchentliche Ausbildungszeit mit der Unterrichtszeit einschließlich der Pausen (tatsächliche Zeit, nicht Schulstunden; z. B. 6 Unterrichtsstunden von 8 bis 13 Uhr werden mit 5 Stunden angerechnet), sofern sich die Schulzeit mit der betrieblichen Öffnungszeit überschneidet. 

 Die Wegezeit zwischen Schule und Praxis wird jedoch nicht auf die Ausbildungszeit angerechnet. Ebenfalls nicht angerechnet werden unterrichtsfreie Zeiten (Unterbrechungen, Freistunden), sofern diese im Einzelfall einen Umfang von mehr als 1 Stunde überschreiten.

Beispiel 1:
Die betriebliche Ausbildungszeit beträgt Montag bis Donnerstag jeweils 8:30 Stunden, freitags 5 Stunden. Die Auszubildende muss dienstags zur Berufsschule, diese dauert 5 Unterrichtsstunden à 45 Minuten (von 8:15 – 12:30 Uhr = 4:15 h). Die Fahrtzeit zur Praxis beträgt 0:30 h. Die Auszubildende ist bis 13:00 Uhr freizustellen. Der Berufsschulbesuch ist mit 4 h 15 min anzurechnen. Danach kann die Auszubildende, nach einer Pause noch 4 h 15 min beschäftigt werden.

Beispiel 2:
Die betriebliche Ausbildungszeit in der Woche beträgt 39 Stunden (Dienstag bis Freitag 8:30 h; Samstag 5 Stunden). Die Auszubildende muss montags zur Berufsschule, diese dauert 4 Unterrichtsstunden à 45 Minuten (von 8:15 – 11:15 Uhr = 3:00 h). Montags wird im Ausbildungsbetrieb nicht gearbeitet. Der Berufsschulbesuch muss nicht auf die wöchentliche Ausbildungszeit angerechnet werden, da er auf einen praxisfreien Tag fällt.

  • Bei Berufsschultagen mit mehr als 5 Unterrichtsstunden je 45 Minuten (sogenannter „langer“ Berufsschultag) sind Auszubildende einmal in der Woche für den betreffenden Berufsschultag von der betrieblichen Ausbildung vollständig freizustellen. Dieser Berufsschulbesuch ist unabhängig von der betrieblichen Öffnungszeit mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit anzurechnen.

Beispiel 3:
Die betriebliche Ausbildungszeit beträgt Montag bis Donnerstag jeweils 8:30 Stunden, freitags nur 5 Stunden. Die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit beträgt daher 7 h 48 min. Der Auszubildende muss freitags zur Berufsschule, diese dauert 6 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Der Berufsschulbesuch ist mit 7 h 48 min auf die wöchentliche Ausbildungszeit anzurechnen, auch wenn die betriebliche Ausbildungszeit am Freitag 5 Stunden beträgt.

Beispiel 4:
Die betriebliche Ausbildungszeit beträgt Montag, Dienstag und Donnerstag jeweils 9 Stunden, Mittwoch und Freitag 6 Stunden. Die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit beträgt daher 7 h 48 min. Die Auszubildende muss montags zur Berufsschule, diese dauert 6 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Der Berufsschulbesuch ist mit 7 h 48 min auf die wöchentliche Ausbildungszeit anzurechnen, auch wenn die betriebliche Ausbildungszeit an diesem Tag 9 Stunden beträgt.

Beispiel 5:
Die betriebliche Ausbildungszeit beträgt Dienstag bis Freitag 8:30 Stunden, Samstag 5 Stunden. Die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit beträgt daher 7 h 48 min. Die Auszubildende muss montags zur Berufsschule, diese dauert 6 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Der Berufsschulbesuch ist mit 7 h 48 min auf die wöchentliche Ausbildungszeit anzurechnen, auch wenn an diesem Tag die Praxis geschlossen hat.

  • Soweit in einer Kalenderwoche zwei lange Berufsschultage mit mehr als 5 Unterrichtsstunden liegen, können die Auszubildenden wahlweise an einem dieser beiden Tage nach dem Berufsschulunterricht beschäftigt werden. Der Ausbildende bestimmt somit, welcher Berufsschultag unter den Voraussetzungen des „langen“ Berufsschultages anzurechnen ist. Für den Berufsschultag, der somit als „kurzer“ Berufsschultag bestimmt wird, ist die tatsächliche Unterrichtszeit inkl. Pausen anzurechnen. An diesem Berufsschultag darf der Auszubildende unter Beachtung der zulässigen täglichen Ausbildungszeit (vgl. Jugendarbeitsschutzgesetz bzw. Arbeitszeitgesetz) nach der Berufsschule ggf. noch in der Praxis beschäftigt werden.
  • Im Zuge des zwischenzeitlich eingeführten „Online-Unterrichts“ sind Auszubildende für die diese Form des Berufsschulbesuches ebenfalls freizustellen und unter den vorgenannten Bedingungen auf die wöchentliche Ausbildungszeit anzurechnen.
  • An dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht, haben alle Auszubildende einen Anspruch auf einen freien Tag (§ 15 Abs. 1). Die Anrechnung erfolgt mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit (bei zwei zeitlich auseinanderfallenden Prüfungen durch Anrechnung jeweils eines halben Tages).